Der Käufer einer vermieteten Wohnung kann vom Verkäufer ermächtigt werden, schon vor der Eigentumsumschreibung im Grundbuch und dem damit verbundenen Eintritt des Käufers in die Vermieterstellung im eigenen Namen ein Mieterhöhungsbegehren zu stellen. Die Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens hängt nicht davon ab, dass die Ermächtigung offengelegt wurde.
Sachverhalt
Die Beklagte schloss am 16.03.2006 einen notariellen Kaufvertrag über die an die Klägerin vermietete Wohnung. In dem Kaufvertrag wurde bestimmt, dass die Beklagte mit Kaufvertragsschluss in alle Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag eintritt und sämtliche Miet- und Betriebskostenvorauszahlungen, die ab dem Stichtag durch die Mieterin geleistet werden, durch die Verkäuferin an die Beklagte auszukehren sind. Ferner wurde die Beklagte bevollmächtigt, ab sofort bis zum Eigentumsvollzug im Grundbuch den Mietern gegenüber sämtliche mietrechtlichen Erklärungen abzugeben und ggf. im eigenen Namen entsprechende Prozesse zu führen. Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgte erst am 04.05.2010.
Die Beklagte erteilte der Klägerin Betriebskostenabrechnungen für den Zeitraum ab 2007. Die sich hieraus ergebenden Nachzahlungen zog sie ein. Ferner verlangte sie von der Klägerin die Zustimmung zu Mieterhöhungen 2006, 2008 und 2009. Die Klägerin stimmte diesen Mieterhöhungsbegehren zu.
Nachdem die Klägerin erfuhr, dass die Beklagte erst am 04.05.2010 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen wurde, forderte sie die nach ihrer Auffassung ohne Rechtsgrund geleisteten Mietzahlungen (insgesamt annähernd 29.000,00 EUR) zurück. Die Klage hatte sowohl vor dem Amtsgericht als auch vor dem Landgericht keinen Erfolg. Deswegen wandte sich die Klägerin mit der Revision zum Bundesgerichtshof.
Hintergrund
Gemäß § 566 Abs. 1 BGB tritt der Erwerber einer vermieteten Wohnung in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis ein, wenn die Wohnung nach der Überlassung an den Mieter „veräußert“ wird. Bei „Veräußerung“ meint man allerdings nicht den Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages. Ebenso wenig ist darunter der im Kaufvertrag vereinbarte Besitzübergang zu verstehen. Es kommt vielmehr darauf an, wann der Erwerber als Eigentümer der vermieteten Wohnung in das Grundbuch eingetragen wird.
Die Kaufvertragsparteien können im Verhältnis zueinander vereinbaren, dass die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag bereits früher (in der Regel mit Besitzübergang) übergehen. Hierbei handelt es sich allerdings um eine Vereinbarung zwischen den Kaufvertragsparteien. An diese Vereinbarung ist grundsätzlich der Mieter nicht gebunden. Insbesondere wenn es um Pflichten aus dem Mietvertrag geht (für den Mieter handelt es sich hierbei um Ansprüche gegen den Vermieter), ist Ansprechpartner des Mieters weiterhin - bis zur Umschreibung - der Veräußerer.
Wenn es um die Berechtigung des Erwerbers zur Abgabe rechtsgestaltender Erklärungen vor seiner Eintragung in das Grundbuch geht, so haben die Kaufvertragsparteien zwei Möglichkeiten: Zum einen kann der Verkäufer den Erwerber bevollmächtigen, in seinem Namen Erklärungen abzugeben. Dann muss der Erwerber bei Abgabe der Erklärung darauf hinweisen, dass er nicht im eigenen Namen, sondern im Namen des Verkäufers handelt.
Zum anderen besteht die Möglichkeit, dass der Verkäufer den Erwerber ermächtigt, rechtsgestaltende Erklärungen abzugeben. Diese Erklärungen erfolgen dann im eigenen Namen des Erwerbers. Umstritten war hierbei, ob in diesem Fall der Erwerber die Tatsache der Ermächtigung offenlegen muss oder nicht. Die unbedingte Notwendigkeit einer Offenlegung sah z. B. das Landgericht Berlin in einem Urteil vom 28.11.2008 (63 S 109/08). Die Vorinstanzen im hiesigen Fall hielten hingegen eine Offenlegung nicht für notwendig.
Entscheidung
Die Revision hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof ging davon aus, dass der Klägerin keine Ansprüche auf Rückzahlung von Miete zustanden. Zunächst legt der BGH noch einmal dar, dass ohne Zweifel die Kaufvertragsparteien untereinander regeln können, dass der Erwerber bereits vor Eigentumsumschreibung zur Abgabe von rechtsgestaltenden Willenserklärungen ermächtigt werden kann. Hierbei sei er dann nicht gezwungen, die Ermächtigung offenzulegen. Dies gebiete insbesondere nicht dem Mieterschutz. Denn der Mieter, der aus dem Mietvertrag von einer anderen Person als seinem ursprünglichen Vermieter in Anspruch genommen werde, könne sich zunächst dessen Berechtigung nachweisen lassen, wenn er Zweifel daran habe, dass dieser zur Abgabe der entsprechenden Erklärung ermächtigt sei. Ein Nachweis der Ermächtigung müsse daher lediglich auf Rüge erfolgen.
Anmerkung
Es ist durchaus richtig, wenn der Bundesgerichtshof für die Wirksamkeit einer Erklärung nicht voraussetzt, dass mit dieser der Nachweis der Ermächtigung verbunden wird. Es kann jedoch weiterhin nicht empfohlen werden, rechtsgestaltende Erklärungen, insbesondere eine Kündigung, ohne Nachweis der Ermächtigung auszusprechen. Denn in seiner Entscheidung hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich offengelassen, ob ein Mieter, dem gegenüber aufgrund einer Ermächtigung eine Erklärung abgegeben wird, diese analog § 174 Satz 1 BGB unverzüglich zurückweisen kann, wenn der Nachweis der Ermächtigung nicht mit der Erklärung erfolgt. Es besteht somit für den Erklärenden ein erhebliches Risiko, dass seine Erklärung „verpufft“, wenn er eine Ermächtigung nicht nachweist.