Wann ist ein Mangel arglistig verschwiegen?

OLG Hamm Urteil (21.05.2010 – 19 U 2/10)

Problem

Immer wieder sind Besteller einer Werkleistung der Auffassung, ein besonders schwerwiegender Mangel müsse von dem Bauunternehmer arglistig verschwiegen worden sein. Dies ist insbesondere dann immer der Fall, wenn der Mangel erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist zu Tage tritt. Auftraggeber sind dann häufig der Auffassung, es handle sich um einen „verdeckten Mangel“, der zudem arglistig verschwiegen sei, so dass der Bauunternehmer hierfür noch immer hafte.

Dies ist allerdings nur teilweise richtig. Den Begriff des „verdeckten Mangels“ gibt es im rechts-technischen Sinne im reinen Werkvertragsrecht nicht.

Allerdings kann arglistiges Verschweigen eines Mangels dann vorliegen, wenn der Auftragnehmer die mangelhafte Ausführung kannte oder wenn er wissentlich abweichend von anerkannten Regeln der Technik baut oder dies verschweigt. Für arglistiges Handeln genügt es jedoch nicht, wenn dem Auftragnehmer der Mangel lediglich aus Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. In Fällen des arg-listigen Verschweigens würde sich die Gewährleistungsfrist zwar auf 30 Jahre verlängern. Dies gilt im Übrigen auch im Falle eines sogenannten Organisationsverschuldens, das der Arglisthaftung gleichgesetzt wird. Ein solches liegt vor, wenn der Auftragnehmer nicht ausreichend dafür gesorgt hat, dass seine Mitarbeiter sorgfältig ausgewählt und überwacht worden sind, und dieses Versäum-nis dann zu Mängeln geführt hat.

Praxishinweis

In der Praxis allerdings besteht regelmäßig das Problem, gerichtsfest nachzuweisen, dass der Auf-tragnehmer bewusst Mängel verschwiegen hat, was im Übrigen voraussetzt, dass der Mangel über-haupt als solcher wahrgenommen worden ist. Allein aus der Schwere des Mangels lässt sich jedenfalls nicht automatisch auf eine Arglisthaftung und damit auf eine verlängerte Gewährleis-tungsfrist schließen, wie das OLG Hamm in dem o.g. Urteil – im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH – klargestellt hat. Es müssten schon weitere Umstände hinzukommen.

Auftraggebern ist angesichts dieser gefestigten Rechtsprechung zu empfehlen, die Werkleistung des Unternehmers rechtzeitig vor Ablauf der vereinbarten Gewährleistungsfrist eingehend zu un-tersuchen und – zumindest bei komplexeren Arbeiten – eine gesonderte Bauüberwachung zu beauftragen. Zudem könnten vertragliche Regelungen über die sorgfältige Auswahl der Mitarbeiter des Auftragnehmers und entsprechende Dokumentationspflichten vereinbart werden, um ein etwaiges Organisationsverschulden belegen zu können. Insgesamt aber muss einem Auftraggeber bewusst sein, dass die Berufung auf arglistig verschwiegene bzw. „verdeckte“ Mängel immer mit erheblichen (Prozess-)Risiken verbunden sein wird.

Thorsten Krull
Rechtsanwalt