Umfahren der Lichtzeichenanlage ist kein Rotlichtverstoß

OLG Hamm, Beschluss vom 02.07.2013, AZ: 1 RBs 98/13

In seiner Entscheidung vom 02.07.2013 hat das OLG Hamm festgestellt, dass kein Rotlichtverstoß vorliegt, wenn ein Autofahrer vor der Ampelanlage auf einen nicht durch die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich abbiegt, im vorliegenden Fall ein Tankstellengelände, und nach durchfahren dieses Geländes hinter der Lichtzeichenanlage wieder in den durch sie geschützten Verkehrsraum einfährt. Dies gilt auch dann, wenn dieser Fahrvorgang ausschließlich und allein der Umfahrung der Lichtzeichenanlage dient.

Das Amtsgericht hatte den betroffenen Autofahrer noch wegen eines vorsätzlichen Rotlichtverstoßes verurteilt. Dieser hatte beabsichtigt, an einer Ampelkreuzung nach links abzubiegen. Da die Ampel für ihn noch rotes Licht abstrahlte, bog er vor der Lichtzeichenanlage links auf ein Tankstellengelände ein, überquerte dieses und verließ es dann an der anderen Seite, in dem er links abbog. Das Amtsgericht hatte darauf abgestellt, dass das Umfahren einer Lichtzeichenanlage über den Gehweg, den Randstreifen, einem Parkstreifen, einem Radweg oder einer Busspur, um hinter der Ampelanlage in dem durch sie geschützten Bereich wieder auf die Fahrbahn aufzufahren, als Rotlichtverstoß zu werten ist. Diese Feststellungen des Amtsgerichtes waren ebenso zutreffend, wie die Feststellungen, dass ein Rotlichtverstoß auch dann vorliegt, wenn ein Autofahrer auf der durch Grünlicht freigegebenen Geradeausspur in eine Kreuzung einfährt und nach überfahren der Haltelinie auf den durch Rotlicht gesperrten Fahrstreifen für Linksabbieger wechselt. Das Amtsgericht hat das Überfahren des Tankstellengeländes mit derartigen Fahrmanövern gleichgestellt.

Hier hat das OLG Hamm jedoch darauf abgestellt, dass das Rotlicht es nicht verbietet, vor der Ampelanlage abzubiegen und einen nicht durch die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich zu befahren, z.B. auch Parkplätze. Ebenso wenig ist es auch untersagt, von einem nicht durch die Signalanlage geschützten Bereich auf den hinter dieser, durch sie also geschützten Verkehrsraum, zu fahren. Das Rotlicht wendet sich nämlich nur an denjenigen Verkehrsteilnehmer, der es – in seiner Fahrtrichtung gesehen – vor sich findet. Mit einer solchen Vorgehensweise nutzt der Verkehrsteilnehmer lediglich eine Lücke, die es ihm ermöglicht, sich außerhalb der Reichweite des Haltegebots fortzubewegen.

Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Fahrbahnnutzung kann hier nicht in Ansatz gebracht werden. Ein Kraftfahrer, der vor einer Straßenkreuzung die Fahrbahn verlässt, um über ein neben der Straße gelegenes Tankstellengelände die Querstraße schneller zu erreichen, verstößt nicht deshalb gegen das Gebot der Fahrbahnbenutzung, weil er dazu den Gehweg überqueren muss.    

Daniel Creutzburg
Rechtsanwalt