Das Wechselmodell

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Was Eltern beachten sollten.

Wenn sich Eltern mit gemeinsamen Kindern trennen, stellt sich die Frage, wie und von wem die Kinder nun betreut werden sollen. Traditionell war es in der Regel so, dass ein Elternteil die Betreuung der Kinder schwerpunktmäßig übernimmt und die Kinder dort dann auch ihren Lebensmittelpunkt haben. Der andere - nicht betreuende - Elternteil nimmt dann Umgang mit den Kindern wahr und muss Kindesunterhalt zahlen.

Davon abweichend, gewinnt ein eher auf Gleichberechtigung bedachtes Betreuungsmodell, das sogenannte Wechselmodell, mehr und mehr an Bedeutung. Vor allem in den Bezirken Berlin Prenzlauer Berg und Pankow sowie in Berlin-Mitte und Friedrichshain praktizieren viele Eltern das Wechselmodell.

Betreuungsmodell

Das Wechselmodell ist vor allem ein Betreuungsmodell für die gemeinsamen Kinder nach einer Trennung der Eltern. Die Kinder verbringen gleich viel Zeit bei jedem Elternteil, die Betreuungsanteile betragen jeweils 50 %. In der Regel wechseln die Kinder von dem Haushalt eines Elternteils in den Haushalt des anderen Elternteils nach einem Turnus von einer Woche. Der Wechsel findet häufig jeweils am Sonntag oder am Freitag statt.

Einige Eltern vereinbaren auch einen Turnus von zwei Wochen. Vor allem bei kleineren Kindern dürfte dies aufgrund des kindlichen Zeithorizontes aber eher nicht angemessen sein.

Ein Wechselmodell kann sich quasi stillschweigend auch dann ergeben, wenn die Eltern ein komplizierteres Betreuungsmodell mit häufigeren Wechseln an verschiedenen Tagen in der Woche vereinbaren. Wenn der Betreuungsanteil eines jeden Elternteils dann rund 50 % beträgt, kann dennoch von einem Wechselmodell gesprochen werden. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Kinder durch zu viele Wechsel zwischen den Haushalten der Eltern nicht unangemessen belastet werden.

Ob ein Wechselmodell sinnvoll ist, lässt sich rechtlich nicht wirklich beantworten. Die Frage ist immer, ob das Wechselmodell mit dem jeweiligen Kindeswohl vereinbar ist. Wenn die Kinder tatsächlich gute Bindungen zu beiden Eltern haben und die Eltern in der Lage sind, vernünftig miteinander zu kooperieren, stellt das Wechselmodell eine gute Möglichkeit dar, den Bindungen der Kinder zu beiden Eltern und dem Elternrecht beider Eltern (Art. 6 Abs. 2 GG) Rechnung zu tragen.

Sorgerecht und Wechselmodell

Grundsätzlich kann ein Wechselmodell auch dann vereinbart werden, wenn nur ein Elternteil die alleinige elterliche Sorge ausübt. Da das Praktizieren eines Wechselmodells jedoch ein hohes Maß an Kooperation zwischen den Eltern voraussetzt, wird ein Wechselmodell vor allem bei gemeinsamer elterlicher Sorge infrage kommen.

Wichtig ist, dass ein Wechselmodell den Eltern nicht gegen ihren Willen durch ein Familiengericht aufgezwungen werden kann. Dies bedeutet zugleich auch, dass ein Elternteil, der das Wechselmodell favorisiert, dieses nicht gegen den Willen des anderen Elternteils über ein Gericht durchsetzen kann.

Die bisherige Rechtsprechung der Oberlandesgerichte stellt darauf ab, dass die Eltern bei einem Wechselmodell in erheblichem Maße miteinander kooperieren müssen. Wenn diese wichtige Voraussetzung fehlt, ist die praktische Durchführung eines Wechselmodells dann auch nicht realistisch. Ein Wechselmodell müssen die betroffenen Eltern also immer freiwillig vereinbaren.

Wenn sich Eltern bei Gericht über die Betreuung der gemeinsamen Kinder streiten, wird dies letztendlich darauf hinauslaufen, dass jeder Elternteil den Lebensmittelpunkt der Kinder bei sich reklamiert. Rechtlich wird dann ein Streit über das Aufenthaltsbestimmungsrecht geführt. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist ein gesonderter Teil des Sorgerechts.

Wechselmodell und Kindesunterhalt

Beim Wechselmodell sollten die Auswirkungen auf den Kindesunterhalt beachtet werden.

Bei gemeinsamer elterlicher Sorge kann nur derjenige Elternteil Kindesunterhalt vom anderen Elternteil wirksam geltend machen, der die Kinder in seiner „Obhut“ hat ( § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB). Dabei stellen die Gerichte auf den Lebensmittelpunkt der Kinder ab. Nur ein Elternteil, bei dem die Kinder einen eindeutigen Lebensmittelpunkt haben, kann die Kinder in einem gerichtlichen Streit wirksam vertreten. An einem eindeutigen Lebensmittelpunkt fehlt es jedoch bei der Durchführung eines Wechselmodells mit einem 50%igen Betreuungsanteil. Darauf hat der Bundesgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 21.12.2005 zum Aktenzeichen XII ZR 126/03 hingewiesen.

Daraus folgt, dass bei Durchführung eines Wechselmodells kein Elternteil die Kinder bei einem gerichtlichen Streit über den Kindesunterhalt wirksam vertreten kann. Dies geht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur, wenn zunächst ein Ergänzungspfleger bestellt wird.

Daraus folgt wiederum, dass sich die Eltern über die finanziellen Belange, insbesondere über den Empfang des Kindergeldes und die eventuelle Zahlung von Kindesunterhalt, sorgfältig Gedanken machen sollten.

Von der Frage der Vertretung der Kinder in einem gerichtlichen Kindesunterhaltsverfahren ist die Frage des Bestehens eines Kindesunterhaltsanspruchs zu unterscheiden. Beim Wechselmodell ist es nicht so, dass automatisch keine Kindesunterhaltsansprüche bestehen. Derjenige Elternteil, der das höhere Einkommen hat, muss auch beim Wechselmodell grundsätzlich in gewissem Maße Kindesunterhalt an den anderen Elternteil zahlen.

Nach der bisherigen Praxis wird beim Wechselmodell der Unterhaltsbedarf der Kinder nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern gemäß der Düsseldorfer Tabelle ermittelt. Außerdem wird der Bedarf der Kinder um den durch das Wechselmodell verursachten Mehrbedarf und sonstigen Mehrbedarf erhöht. Davon wird das volle staatliche Kindergeld abgezogen. Der zu zahlende Unterhalt wird dann nach dem Verhältnis der beiderseitigen Einkünfte der Eltern berechnet. Schließlich werden noch die zu zahlenden Kindesunterhaltsbeträge miteinander verrechnet.

Liegt wirklich ein Wechselmodell vor?

Wichtig ist auch noch, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Wechselmodell erst dann vorliegt, wenn wirklich eine anteilige Betreuung von annähernd 50 % erbracht wird. Bei Betreuungsanteilen von 1/3 zu 2/3 geht der Bundesgerichtshof nicht von einem Wechselmodell aus.

Obwohl derjenige Elternteil mit einem Betreuungsanteil von rund 1/3 relativ viel Kontakt zu seinen Kindern hat, muss dieser Elternteil trotzdem den vollen Kindesunterhalt (Barunterhalt) nach der Düsseldorfer Tabelle bezahlen (vgl. BGH, Urteil vom 28.02.2007, AZ XII ZR 161/04).

Sebastian Weiß
Fachanwalt für Familien- und Erbrecht
Rechtsgebiet
Familienrecht
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Erbrecht