Vorsicht beim Treppenbau!

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BGH, Urteil vom 07.03.2013 - VII ZR 134/12

Die Bedeutung der „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ für handwerkliche Gewerke  

Obwohl in einem Vertrag eine bestimmte Wangenstärke von Holztreppen vorgesehen war und diese auch erreicht wurde, sei das Werk nach Auffassung des BGH dennoch mangelhaft, wenn es nicht den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ entspricht. Das gelte auch dann, wenn nicht ausdrücklich vereinbart war, dass das Werk nach den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ herzustellen ist.

Sachverhalt

Die Bauherren beauftragten einen Auftragnehmer (AN) mit der Lieferung und dem Einbau einer Massivholztreppe aus Birke in ihrem Einfamilienhaus. Bei dieser Treppe waren die Holzstufen in einer seitlich laufenden „Treppenwange“ zu verankern. Die Parteien hatten im Vertrag eine Wangenstärke von 40 mm vereinbart. Der AN baute die Treppe so ein und rechnete seine Leistungen ab. Die Bauherren behaupteten verschiedene Mängel; unter anderem sei die Treppe für die Belastung insgesamt zu schwach ausgelegt.

Das Amtsgericht hat den AN antragsgemäß zur Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mangelbeseitigung verurteilt. Die Berufung des AN hatte keinen Erfolg. Auch mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision konnte der AN nicht die Klageabweisung erreichen.

Entscheidung

Der BGH hat bestätigt, dass die Treppe mangelhaft sei, weil sie nicht nach den anerkannten Regeln für die Errichtung von handwerklichen Holztreppen ausgeführt worden sei.

Die Leistung eines Unternehmers ist nach § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB nur dann vertragsgerecht, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Welche Beschaffenheit des Werks von den Parteien vereinbart ist, ergibt sich aus der Auslegung des Vertrags. Üblicherweise verspricht der Unternehmer stillschweigend bei Vertragsschluss die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Entspricht die Werkleistung diesen nicht, liegt regelmäßig ein Werkmangel vor.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Einholung von Sachverständigengutachten müsse nach den fachlichen Standards, die sich aus dem vor mehr als zehn Jahren veröffentlichten "Regelwerk handwerklicher Holztreppen" ergäben, die Wangenstärke einer Treppe grundsätzlich 50 mm betragen. Sofern die Gleichwertigkeit vom Unternehmer nachgewiesen sei, könne die Dicke der Wangenträger auf bis zu 45 mm reduziert werden. Damit entspreche eine Wangenstärke von nur 40 mm dem Regelwerk nicht. Eine solche Treppe sei nach den anerkannten Regeln der Technik nur dann fachgerecht, wenn für sie eine bauaufsichtliche Zustimmung vorliege, die den Nachweis der Standsicherheit voraussetze. Diese bauaufsichtliche Zustimmung lag hier nicht vor.

Dass die Parteien vorliegend ausdrücklich eine Wangenstärke von 40 mm vereinbart hatten, lasse keine andere Bewertung zu. Eine solche Vereinbarung könne nicht dahin ausgelegt werden, dass von einem üblicherweise zu erwartenden Mindeststandard abgewichen werden soll, wenn auf eine solche Bedeutung nicht ausdrücklich hingewiesen wird oder der Besteller dies aus anderen Gründen, etwa einer entsprechenden Fachkunde, weiß.

Hinweis für die Praxis

Vorsicht beim Treppenbau! In der Praxis kommt es häufig vor, dass Holztreppen mit einer Wangenstärke von 40 mm verbaut werden.

Das zwinge laut BGH allerdings nicht zu der Annahme, die allgemein anerkannten Regeln der Technik seien im "Regelwerk Handwerkliche Holztreppen" nicht richtig abgebildet. Die vielfache Praxis sage z. B. nichts darüber aus, ob sich diese Ausführungsweise auch bewährt habe und allgemein anerkannt sei.

Der Mangel des Werkes wurde vorliegend nicht aus einer fehlenden Standsicherheit hergeleitet. Vielmehr ging es um die davon zu unterscheidende Frage, ob bei der Herstellung des Werkes bestimmte allgemein anerkannte Regeln der Technik eingehalten worden sind, die den Zweck haben, eine Standsicherheit zu erreichen. Es kommt für die Frage, ob die Regeln verletzt sind, nicht darauf an, ob die Eigenschaften möglicherweise auf einem anderen Weg erreicht werden und deshalb die Nichteinhaltung der Regeln im Einzelfall keine weiteren nachteiligen Folgen hat.

Die allgemein anerkannten Regeln der Technik erlauben nur für den Fall, dass der Unternehmer die Standsicherheit nachweist, ein Unterschreiten der geforderten Wangenstärke. Ob dieser Standsicherheitsnachweis nur durch eine bauaufsichtliche Zustimmung oder auch anderweitig geführt werden kann, musste in dem vorliegenden Fall nicht entschieden werden, denn der AN hatte insoweit keinerlei Nachweis erbracht.