Festsetzung von Ordnungsgeld vorbehalten: Richter nicht befangen

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KG, Beschluss vom 13.09.2012 - 10 W 143/12

Die vorbehaltene Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen den Geschäftsführer einer Partei ist nicht geeignet, aus Sicht einer ruhig und vernünftig denkenden Partei an der Unvoreingenommenheit oder Unparteilichkeit eines Richters zu zweifeln.

ZPO § 42 Abs. 1, 2, § 141 Abs. 3

Problem/Sachverhalt

In einem Bauprozess hat das Gericht das persönliche Erscheinen eines umfassend bevollmächtigten und sachkundigen Vertreters beider Parteien angeordnet (ZPO § 141). Im Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint der Geschäftsführer der Klägerin nicht. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin überreicht allerdings eine auf ihn lautende Vollmacht gemäß § 141 Abs. 3 ZPO. Am Ende der Sitzung beschließt das Gericht, dass die Festsetzung von Ordnungsgeld gemäß § 141 Abs. 3 ZPO gegen den dem Verhandlungstermin unentschuldigt fern gebliebenen Geschäftsführer der Klägerin vorbehalten bleibt. Daraufhin reichte die Klägerin ein Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit ein. Der Vorbehalt des Ordnungsgeldes sei rechtswidrig, da die Klägerin angesichts der eingereichten Vollmacht keine weitere Entschuldigung habe beibringen müssen. Der Vorbehalt des Ordnungsgeldes werde deshalb als Druckmittel empfunden, um den Geschäftsführer zum Erscheinen zum nächsten Verhandlungstermin und zum Abschluss eines nicht gewollten Vergleichs zu bewegen.

Entscheidung

Sowohl das Landgericht als auch das Kammergericht in der Beschwerdeinstanz weisen das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurück. Nach Sinn und Zweck des § 42 Abs. 2 ZPO ist auf die Sicht einer durchschnittlichen, vernünftigen und besonnen handelnden Partei abzustellen. Demnach ist es erforderlich, dass aufgrund der äußeren, objektiv feststellbaren Umstände in der Person des Ablehnenden der Eindruck erzeugt werden kann, dass die Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters besteht. Aus diesem Grund kann dahinstehen, ob die ohnehin bloß vorbehaltene Festsetzung eines Ordnungsgeldes rechtswidrig war. Der Vorbehalt eines Ordnungsgeldes kann auch nicht als Sanktion angesehen werden, da dieser als solcher noch nichts bewirkt. Insoweit stand noch nicht einmal fest, ob sich der abgelehnte Richter aufgrund weiteren Vortrags der Klägerin nicht noch von der Festsetzung des Ordnungsgeldes hätte abhalten lassen. Die Klägerin hätte auch noch eine Entschuldigung für den fern gebliebenen Geschäftsführer nachreichen können.

Im Ablehnungsverfahren geht es nach allgemeiner Meinung grundsätzlich nicht um die Richtigkeit von Verfahrensweisen oder Rechtsauffassungen eines Richters, sondern allein um eine etwaige Parteilichkeit desselben. Hierzu hat die Klägerin aber keine Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht. Gründe für eine Parteilichkeit sind im Verhalten des Gerichts jedenfalls nicht zu sehen.

Praxishinweis

Die Entscheidung entspricht der ständigen Rechtsprechung (vgl. z. B. OLG Stuttgart, IBR 2012, 1161 - nur online) und verdeutlicht abermals, dass die Hürden für einen erfolgreichen Befangenheitsantrag hoch liegen. Vorschnelle Ablehnungsgesuche sollten auch aus Kostengründen vermieden werden. Denn: Ein in der Beschwerdeinstanz zurückgewiesener Befangenheitsantrag löst Gebühren aus, die vorliegend nach dem nicht unerheblichen Streitwert des Hauptsacheverfahrens bemessen wurden.

Thorsten Krull
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Rechtsgebiet
Privates Baurecht
Rechtsgebiet
Architektenrecht