Bundesgerichtshof zum Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks

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BGH Urteil vom 25.03.2014, Az. X ZR 94/12

In einem Urteil vom 25.03.2014 hat der Bundesgerichtshof rechtliche Grundsätze für den Widerruf einer Schenkung gemäß § 530 BGB aufgestellt. Die Entscheidung ist  – auch für Betroffene aus Berlin – insbesondere bedeutsam, wenn im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge z. B. Immobilien zu Lebzeiten von einer Generation auf die nächste übertragen werden.

Sachverhalt

Akteure in dem Fall des BGH sind eine bereits betagte Mutter und ihr Sohn. Die Mutter als Klägerin verlangt von dem Sohn als Beklagten die Rückübertragung eines bebauten Grundstückes, welches die Mutter zuvor dem Sohn geschenkt hatte. Eine Besonderheit des Falles lag darin, dass die Mutter während des Rechtsstreites verstorben ist. Die Sache wurde aber auf Klägerseite durch die Erben der Mutter an deren Stelle weitergeführt.

Die Mutter des Beklagten schenkte ihrem Sohn das Grundstück im Jahr 2004. Die Mutter behielt sich ein lebenslanges Wohnrecht an allen Räumen des Hauses vor. Im Januar 2009 erteilte die Mutter dem Beklagten, ihrem Sohn, eine notariell beurkundete General- und Betreuungsvollmacht. Im August 2009 wurde die Mutter nach einem Sturz zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus eingeliefert. Im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt war für die Mutter eigentlich eine Kurzzeitpflege vorgesehen. Die Mutter wäre offensichtlich gerne in das Haus zurückgekehrt.

Auf Veranlassung des Beklagten, des Sohnes, wurde die Mutter dann aber in eine Pflegeeinrichtung für demenzkranke Menschen aufgenommen. Mit dieser Einrichtung hatte der Beklagte Kraft seiner General- und Betreuungsvollmacht bereits einen unbefristeten Heimvertrag abgeschlossen.

Daraufhin widerrief die Mutter die ihrem Sohn erteilte Vorsorge- und Betreuungsvollmacht. Außerdem kündigte sie den Langzeitpflegevertrag und beantragte eine Kurzzeitpflege bis die häusliche Pflege organisiert sei. Bei der Verfassung entsprechender Schreiben waren der Mutter Nachbarn behilflich. Nun schaltete sich wieder der Sohn ein. Noch vor einer Entscheidung des Betreuungsgerichtes über die Einrichtung einer Betreuung für die Mutter teilte der Sohn dem Pflegeheim mit, dass eine Kündigung des Langzeitpflegevertrages nur von ihm erklärt werden dürfe und dass keine anderen Personen außer ihm Kontakt zu seiner Mutter haben dürften. Dieses Vorgehen des Sohnes war dann schließlich der Anlass für die Mutter, die Schenkung der Immobilie aus dem Jahr 2004 wegen groben Undanks zu widerrufen.

Das in erster Instanz zuständige Landgericht gab der Klage der Mutter statt und bestätigte damit die Rückübereignung des Grundstücks an die Mutter. Das Oberlandesgericht in zweiter Instanz wies hingegen die Klage ab. Ein zum Widerruf der Schenkung berechtigendes schweres Fehlverhalten des Sohnes könne nicht angenommen werden. In letzter Instanz hatte dann der Bundesgerichtshof über die Sache zu befinden.

Hintergründe

Schenkungen sind im Rahmen der sogenannten vorweggenommenen Erbfolge vor allem im Hinblick auf eine Nachlassplanung wichtig. Das Urteil des BGH kann auch für Betroffene aus Berlin z. B. aus Prenzlauer Berg oder Berlin Mitte und Friedrichshain oder Pankow bedeutsam sein.

Die Schenkung einer Immobilie oder anderer Vermögenswerte an nahe Angehörige (oder auch andere Begünstigte) ist vor allem in erbrechtlicher Hinsicht ein wichtiges Gestaltungsmittel. Die Vermeidung des Anfalls von hohen Erbschaftssteuern oder die Verhinderung von Pflichtteilsansprüchen können gute Gründe für eine Schenkung eines Vermögenswertes zu Lebzeiten sein.

Der Schenker (also der Übergeber des Vermögenswertes) gibt dann aber eben auch diesen Vermögenswert, z. B. eine Immobilie, aus der Hand. Zwar behält sich der Schenker in der Regel ein Wohnungsrecht oder ein Nießbrauchrecht an einer Immobilie vor. Eigentümer mit entsprechenden Rechten und Pflichten wird aber schon zu Lebzeiten der Beschenkte.

Bei einer schweren Verfehlung des Beschenkten kann dann der Schenker die Schenkung gemäß § 530 BGB wegen groben Undanks rückgängig machen Mit einer solchen Konstellation hatte sich nun der BGH zu beschäftigen.

Die Entscheidung

Der Widerruf einer Schenkung setzt gemäß dem BGH objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere und in subjektiver Hinsicht voraus, dass die Verfehlung Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten ist, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten darf. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist laut BGH aufgrund einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen.

Das Oberlandesgericht hat vorrangig darauf abgestellt, dass der Beklagte, der Sohn, aufgrund verschiedener Gutachten über den Gesundheitszustand und die Pflegebedürftigkeit durchaus von einer möglichen Geschäftsunfähigkeit seiner Mutter habe ausgehen dürfen.

Der BGH betont dann jedoch, dass das Oberlandesgericht dabei außer Acht gelassen hat, dass die Mutter als Schenkerin unabhängig von der Frage ihrer Geschäftsfähigkeit erwarten durfte, dass der von ihr umfassend bevollmächtigte Beklagte (ihr Sohn) ihre personelle Autonomie respektiert, indem er sie vor allem zunächst nach ihrem Willen hinsichtlich ihrer weiteren Pflege befragt. Der Beklagte hätte sodann – soweit möglich – den Willen der Mutter berücksichtigen müssen.

Da in den Vorinstanzen noch nicht abschließend geklärt wurde, in wie weit der Sohn die weiteren Umstände der Pflege mit seiner Mutter besprochen hatte, konnte der BGH die Sache noch nicht abschließend entscheiden und hat die Sache an das OLG zurück verwiesen.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen. Der Bundesgerichtshof weist ausdrücklich darauf hin, dass bei der Frage der Bewertung des Verhaltens des Sohnes die individuellen Wünsche und Vorstellungen der pflegebedürftigen Mutter berücksichtigt werden müssen. Obwohl der BGH die Sache noch nicht endgültig entschieden hat, wird doch deutlich, dass er das rücksichtslose Verhalten des Sohnes kritisch sieht.

 

Sebastian Weiß
Fachanwalt für Erb- und Familienrecht
Rechtsgebiet
Erbrecht
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