Ausübung des Vorkaufsrechtes durch Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg im Erhaltungsgebiet rechtmäßig

Leitentscheidung auch für andere Erhaltungsgebiete?

Das Verwaltungsgericht Berlin (VG) hält die Ausübung eines Vorkaufsrechtes durch den Bezirk - zugunsten einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft - für ein Mehrfamilienhaus im Geltungsbereich der „Milieuschutzverordnung“ Chamissoplatz für wirksam (Urteil vom 17.05.2018 - VG 13 K 724.17).

Das Gericht stellte dabei zugunsten des beklagten Landes Berlin darauf ab, dass die Ausübung des Vorkaufsrechtes dem Schutz der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung diene und damit zum Wohle der Allgemeinheit gerechtfertigt sei. Die Mieter seien vor etwaigen Mietpreiserhöhungen und damit vor Verdrängung infolge von Sanierungsmaßnahmen und/oder der Umwandlung in Wohnungseigentum zu schützen.

Nach Auffassung des Gerichts komme es dabei nicht darauf an, ob das Grundstück aktuell im Sinne der Erhaltungsverordnung genutzt werde. Vielmehr sei auch eine perspektivische Betrachtungsweise zulässig. Danach könne das Vorkaufsrecht auch dann ausgeübt werden, wenn davon auszugehen ist, dass zukünftige Maßnahmen des potentiellen Käufers die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung gefährden. Dies hat das Gericht vorliegend angenommen, weil das Gebiet unter hohem Investitionsdruck stehe und die Mieten noch niedrig seien. Eine Abwendungsvereinbarung hatte der Käufer nach den Feststellungen des Gerichts zudem nicht unterzeichnet.

Ob die Argumentation schlüssig ist und Bestand haben wird, bleibt abzuwarten - die Berufung wurde ausdrücklich zugelassen.

Zumindest in Friedrichshain-Kreuzberg ist aufgrund der erklärten politischen Agenda und angesichts der Entscheidung des VG mit der verstärkten Ausübung des Vorkaufsrechts zu rechnen. Andere Bezirke könnten nun allerdings folgen.

Ob die Ausübung des Vorkaufsrechts für einen Bezirk immer das Mittel der Wahl sein wird, ist aber schon angesichts der nötigen finanziellen Liquidität fraglich. Zudem verfügt das Erhaltungsrecht i. S. d. § 172 BauGB auch über andere gesetzliche Mittel, eine angeblich drohende Verdrängung zu vermeiden. So stehen in „Milieuschutzgebieten“ eine Vielzahl von Sanierungsmaßnahmen und die Umwandlung in Teil-/ Wohneigentum ohnehin unter Genehmigungsvorbehalt. Die Erfahrung zeigt, dass die Bezirke in letzter Zeit auch hiervon verstärkt Gebrauch machen und das Erhaltungsrecht konsequenter anwenden.

Die Entscheidung mahnt Kaufinteressenten jedenfalls zur Vorsicht bei der Auswahl und dem Ankauf von Objekten in sozialen Erhaltungsgebieten. Es ist dringend zu empfehlen, dies im Vorfeld zu berücksichtigen bzw. bestenfalls mit dem Bezirk abzuklären. Möglicherweise können eine Abwendungsvereinbarung mit dem Bezirk oder andere Regelungen im Einzelfall helfen. Hierzu beraten wir Sie gern.

Hier gelangen Sie zur Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts.