Adressat der Kündigung bei Insolvenz des Mieters

    • Mietrecht
    • Wohnungseigentumsrecht

BGH, Urteil vom 09.05.2012, Aktenzeichen VIII ZR 327/11

Auch nach Abgabe der Enthaftungserklärung gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO bleibt der Insolvenzverwalter/Treuhänder des Wohnungsmieters jedenfalls so lange richtiger Adressat für eine Kündigung des Vermieters, bis die dreimonatige Kündigungsfrist des § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO abgelaufen ist.

Sachverhalt

Über das Vermögen des Wohnungsmieters wurde das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. Der durch das Amtsgericht eingesetzte Treuhänder gab am 26.05.2009 die Erklärung gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO ab, wonach Ansprüche des Vermieters aus dem Wohnungsmietverhältnis, die innerhalb einer Frist von drei Monaten zum Monatsende fällig werden, nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. Am 07.07.2009 erklärte die Vermieterin gegenüber dem Treuhänder die fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzug. Nachdem eine Räumung der Wohnung nicht erfolgte, erhob sie schließlich Klage.

Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht haben die Klage abgewiesen. Hiergegen wendete sich die Vermieterin mit der Revision zum Bundesgerichtshof.

Hintergrund

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners geht das Recht des Schuldners, über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter (bei Verbraucherinsolvenzen: Treuhänder) über. Das hat zur Folge, dass sich eine Kündigung im Insolvenzfall zunächst einmal grundsätzlich an den Insolvenzverwalter/Treuhänder richten muss, da diesem die alleinige Verfügungsbefugnis auch hinsichtlich der Mietsache zusteht.

Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO kann jedoch der Insolvenzverwalter/Treuhänder eine sogenannte Enthaftungserklärung abgeben. Die Folgen dieser Erklärung sind streitig.

Die eine Auffassung geht davon aus, dass die Erklärung dazu führt, dass die Wohnung nach Ablauf der Dreimonatsfrist aus der Insolvenzmasse herausgelöst wird und damit wieder vollständig der Verfügung des Mieters unterliegt.

Von anderen wird vertreten, dass sich die Erklärung allein darauf beschränkt, die Insolvenzmasse, also das angesammelte Vermögen des Schuldners bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens, nicht mehr für später fällig werdende Verbindlichkeiten haften zu lassen.

Die Frage, wem gegenüber eine Kündigung zu erklären ist, hängt unmittelbar mit der Beantwortung der vorgenannten Streitfrage zusammen. Denn wenn durch die Erklärung eine Herauslösung der Wohnung aus der Insolvenzmasse erfolgt, so wäre jedenfalls nach Ablauf der Dreimonatsfrist eine Kündigung wieder gegen den Mieter zu richten. Im anderen Fall wäre die Kündigung weiterhin gegenüber den Treuhänder auszusprechen.

Die Entscheidung des BGH

Die Revision hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof ging davon aus, dass die Kündigung zutreffenderweise gegenüber dem Treuhänder erklärt wurde. Zur Begründung führte der Bundesgerichtshof aus, dass die Enthaftungserklärung jedenfalls erst nach Ablauf der Frist von drei Monaten zum Monatsende ihre Wirksamkeit entfaltet. Bis dahin sei eine Kündigung in jedem Fall gegenüber dem Treuhänder zu erklären.

Anmerkung

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zutreffend; leider hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung die Frage nicht beantwortet, was nach Ablauf der Dreimonatsfrist ist. Es kann daher noch immer nicht mit Sicherheit gesagt werden, wem gegenüber bei Vorliegen einer Enthaftungserklärung nach Ablauf der Dreimonatsfrist die Kündigung zu erklären ist. Vor diesem Hintergrund kann nur empfohlen werden, die Kündigung sowohl gegenüber dem Mieter als auch gegenüber dem Treuhänder/Insolvenzverwalter auszusprechen.

Jan Hartmann
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Rechtsgebiet
Mietrecht
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Wohnungseigentumsrecht